Der Pokal
von Christian Wolf Weiden den, 29.04.2021
Vor mehr als 20 Jahren, ich war damals erst zum 1. Vorstand gewählt worden, brachte jemand einen Pokal zu mir nach Hause.
Ich war nicht persönlich daheim, wahrscheinlich hatte ihn mein Vater entgegengenommen.
Aus diesem Grund habe ich leider keine Verbindungsperson zu diesem Pokal.
Ich könnte mir vorstellen, dass mein Vater damals zu mir sagte: „Hey Christian, es hat jemand einen Pokal von Corona vorbeigebracht, der aber kaputt ist. Ich habe ihn in den Keller runter gestellt.“
Ich schenkte dem Pokal deshalb keine große Beachtung. Im Keller geriet er natürlich immer mehr in Vergessenheit.
Nach einigen Jahren suchte ich etwas im Keller meines Vaters, der an eine Abstellkammer erinnerte.
Zwischen alten Bierkrügen, Zinntellern und Bildern fiel mir ein Pokal ins Auge.
Ich dachte, „ach das ist das alte Ding von unserem Verein“ und nahm ihn aus dem Regal.
Wie mein Vater damals schon erwähnte, war er nicht im besten Zustand.
Anscheinend fiel er zu Boden, denn die Figur am Deckel war abgebrochen und zusätzlich hatte er einige Kratzer und Dellen.
Die Figur war ein Radrennfahrer, den jemand versuchte, laienhaft und mit viel Lötzinn zu befestigen, um irgendwann erneut abzubrechen.
Ich nahm den Pokal in die Hand und dabei fiel mir der Rennfahrer in Kniebundhosen schon entgegen. Er war nur lose daraufgestellt.
Jetzt muss ich schon mal lesen was da drauf steht. Mit alter Schrift wurde auf den Pokal etwas eingraviert. „Ja o leck“ dachte ich mir, „das ist wirklich ein altes Drum.“
VC Corona Weiden 1911
Nach kurzer Verwunderung stellte ich den Pokal wieder ins Regal zurück und wiederum vergingen mehrere Jahre, in denen meine Blicke immer wieder zu diesem Pokal fielen.
Der Gedanke, dass ich zumindest den Radfahrer wieder befestigen könnte, war bereits geweckt.
In den letzten Jahren wuchs mein Interesse an diesen Pokal immer mehr. Bereits 110 Jahre alt, wer hatte ihn schon in der Hand gehabt, wer hat ihn wem übergeben?
Wo war er im 1. und 2. Weltkrieg? Hat ihn unser langjähriger 1. Vorstand von 1949 – 1979 Anton Pabian überhaupt gesehen und in der Hand gehabt?
Welche Vereinsvorstände oder Mitglieder hielten ihn überhaupt schon in der Hand?
Auf dem Pokal ist nicht nur unser Vereinsname und das Jahr eingraviert, sondern auch ein Name, die Platzierung und die Art der Veranstaltung.
War Otto Reil derjenige, der den 24. Preis am 27.08.1911 beim 20 km Club-Vorgabefahren gewonnen hat oder war er der Sponsor dieser Veranstaltung? Ja wer könnte mir das jetzt noch erzählen oder meine Fragen um diese Trophäe beantworten.
Im Jahr 2020 wurde von der Vereinsführung entschieden, dass wir eine neue Vereinshomepage gestalten. Auf dieser soll auch die Geschichte des Veloclubs beschrieben werden.
Da ich schon ein Urgestein des VCC bin und viele Unterlagen von meiner aktiven Radsport Zeit als Sportwart und 1. Vorstand habe, nahm ich mich dieser Aufgabe an.
Als ich das älteste Gruppenbild von 1906 auf unserer Vereinsseite integrierte, dachte ich mir, „so jetzt ist es so weit, dieser Pokal muss jetzt auch ins Rampenlicht unserer Geschichte. Der muss in den Anfangsjahren erwähnt werden.“
Aber natürlich nicht in diesem Zustand. Nach über 20 Jahre in meinem Besitz kam die Zeit diesen für mich und meinem Verein wertvollen Pokal endlich zu sanieren.
In 2 Abenden im Keller entfernte ich das alte Lötzinn, Dellen wurden egalisierte, Kratzer entfernt.
Danach wurden von mir für die Befestigung des Siegers in ¾-Hosen mit Kranz und Schild Löcher für die Verstifung gebohrt.
Das Schild musste ich sogar im oberen Bereich wieder rekonstruieren.
Was steht denn da auf dem Schild dachte ich mir „ALL Heil“
Okay!!! Für das Jahr 1911 sollte das harmlos sein. Die Radfahrer grüßten sich nämlich in dieser Zeit mit einem „All Heil“ oder „All Heil Kameraden“.
Turner wünschten sich seit 1817, bevor sie sich an ein Gerät begaben, Gut Heil! Und ein Drücken.
Der Gruß übermittelt in Verbindung mit Heil oft Standesgrüße wie „Berg Heil!“ (Kletterer), „Petri Heil!“ (Angler) und „Waidmanns Heil!“ (Jäger).
Bei der Recherche dazu, wurde mir auch klar, dass diese Trophäe keinen geringen Wert hatte.
So, wieder was gelernt! Weiter geht es mit dem Polieren der Statue und des Pokals, um ihn beim nächsten Mal fertigzustellen.
Bis zur Fertigstellung sollten dann aber doch noch einige Tage ins Land ziehen.
Eines Abends war es dann so weit, die Pokal – Hochzeit mit der Statue sollte vollzogen werden.
Die Stifte wurden gesetzt, der Pokal mit seinem Rennfahrer verbunden.
Danach nochmal poliert. Da steht er jetzt wieder nach vielen Jahren stabil auf seinen Beinen, der alte Knabe.
Ab jetzt ist der Pokal für mich und hoffentlich auch für die Vereinsgeschichte ein sehr wichtiger Bestandteil geworden, und sollte dem Verein noch viele Jahre erhalten bleiben.
So wurde für mich „ein altes Drum“ ein sehr wichtiger Gegenstand, den ich in Zukunft würdevoll und ehrfürchtig betrachten werde.